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BREMISSIMA | Juli-August 2015

bremissima 53Küchenglück weile geschlossenen Laden. Dann über- redet sie ihr langjähriger Mitarbeiter Jonas Martin zur Eröffnung eines ge- meinsamen Restaurants. „Jon-Luk“ – der Namen setzt sich aus den Anfangsbuchstaben seiner Betrei- ber zusammen - liegt ganz unschein- bar „Am Wall“ neben Friseursalon und CDU-Landesverband. Auch nach vier Jahren finden immer noch mehr Touris- ten und Geschäftskunden den Weg als Bremer. 65 Gäste können in dem großen durch eine Treppe geteilten Raum mit seiner offenen Küche bewirtet werden. Die Wände sind grün gestrichen, gol- dene Lampen hängen von der Decke, einfache Eichenholztische und weiße geflochtene Landhausstühle laden zum Verweilen ein. Im Eingangsbereich bie- tet zudem ein selbstgezimmertes Regal Kostbarkeiten des Hauses an. Die Ein- richtung ist nicht gerade das, was sich die meisten Menschen unter einem Re- staurant der gehobenen Klasse vorstel- len. Doch das schlichte Interieur ver- sprüht Bodenständigkeit und Charme. „Uns ist es wichtiger, gutes Gemüse an- bieten zu können als eine teure Innen- einrichtung“, sagt die Besitzerin. Die Selbstständigkeit macht Luka Lübke Freude, auch wenn die Verantwortung sie manchmal erdrückt. „Gegen weni- ger Verantwortung hätte ich nichts. Aber die inhaltliche Freiheit ist mir einfach zu wichtig. Da arbeite ich dann auch gerne viel“, betont sie und fügt an: „Wenn ich in der Küche stehe und mei- ne 20.000 Töpfe um mich herum stehen habe, dann tauche ich in meine eigene Welt ab. Das hat schon etwas Autisti- sches.“ Dennoch: Die Arbeit zehrt an den Kräf- ten, physisch und psychisch. Drei Jahre lang standen die beiden Inhaber fast täglich in der Küche, an Freizeit oder gar einen Urlaub war nicht zu denken. Im vergangenen Jahr führten sie die Sommerferien ein – und freuen sich auch in diesem Jahr riesig, den Kopf wieder freizubekommen. Gekocht wird im Urlaub natürlich trotzdem. „Das ist richtig befreiend, einfach über den Markt zu schlendern oder zum Fisch- händler zu gehen. Und in der Küche dann mal nur eine Zwiebel zu schnei- den“; sagt die Köchin lachend. Neue Inspirationen bekommt Luka Lübke auch bei ihrer Arbeit als Showköchin auf Messen und bei Vorträgen. Es macht ihr Spaß, aber sie benötigt die Nebentätigkeiten auch, um finanziell gut dazustehen. „Vom „Jon-Luk“ alleine kann ich noch nicht leben. Mit solch schicken Restaurants verdient man ein- fach kein Geld“, sagt die 42-Jährige und schimpft auf die Blauäugigkeit vieler Menschen, die biologisches, regionales Essen verlangen, große Portionen, den Mindestlohn für alle Mitarbeiter – und selber möglichst wenig zahlen wollen. „Das ist einfach nicht möglich“, sagt sie. Überhaupt mache sie die verloren gegangene Wertschätzung gegenüber traditionellem Kochhandwerk wie die des Fond-Kochens traurig und wütend. „Heute will keiner mehr für eine selbst gemachten Eintopf oder ein selbst ge- machtes Frikassee bezahlen. Industri- ell gefertigt bekommt man es eben viel günstiger und schneller.“ Luka Lübke kann sich schnell in Rage reden, wenn sie von den Menschen spricht, die sich keine Gedanken über die Qualität von Nahrungsmitteln und die richtige Zu- bereitung machen. „Essen passiert heu- te nicht mehr instinktiv. Kinder lernen nicht mehr, wie richtig gekocht wird. Sie werden mit dem ganzen Industrie- mist groß“, sagt sie. Am liebsten würde sie allen zeigen, dass es sich lohnt, selbst den Kochlöffel zu schwingen und Essen zu genießen. „Ich könnte mir auch nicht leisten, einmal die Woche bei mir essen zu gehen. Aber ich würde lieber drei- ßigmal ein Käsebrot machen und dann einmal gut essen gehen als mir jeden Tag irgendeinen Blödsinn reinzuschie- ben.“ Convenience Food kommt bei ihr nur einmal im Jahr auf den Tisch: Dann kauft sich Luka Lübke im Supermarkt eine Packung Fleischsalat. „Da habe ich dann mal richtig Lust auf Geschmacks- verstärker“, sagt sie und muss lachen. An den anderen Tagen hat sie ihr Glück in der Küche gefunden. Mit weißem Hemd und 20.000 Töpfen. Jon-Luk, Am Wall 135-136, Bremen- Mitte, Tel.: (0421) 68 42 72 18. Um eine Reservierung wird gebeten. www.jon-luk.de, appetit@jon-luk.de Das Restaurant ist vom 9.8. bis 3.9. 2015 wegen Sommerferien geschlossen. S Mitte, Tel.: (0421) 68427218.

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