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BREMISSIMA Magazin | Mai-Juni 2016

24 BREMISSIMA einen hohen Identifikationsfaktor hat. Ein Ort, wo jeder rein will, aber nicht jeder rein darf. Kommst du drauf“, fragt sie mich. „Weserstadion“, antworte ich nach kurzem Überlegen. „Genau, die VIP-Ostkurvenloge“, lacht sie. „Wir haben an jenem Abend eben nicht die Politik nach vorne gestellt, sondern eine Veranstaltung im Weserstadion organisiert und dabei halt auch Politik gemacht. Eine Bühne gab es, Musik und bunte Strahler, aber keine Reden, kein Pult, keine Zettel zum Ablesen.“ Statt- dessen: Gespräche. Und die Vorstellung ihrer Ideen auf der Bühne, in Turnschu- hen und ganz leger vorgetragen. „Teil- weise waren die Leute vorher noch nie auf einer politischen Veranstaltung. Sie sind vorbeigekommen und haben geschaut, was da passiert. So wie wir es getan haben. Und diese ganz andere Politikschiene hat dann ja auch funkti- oniert.“ Mangels Zeit und Kapazität fo- kussiert sich die FDP zudem zunächst nur auf die beiden Themen Bildung und Wirtschaft. „Wir waren so ein kleines Team, wir hatten erst einmal keine Zeit für alles, selbst wenn alles wichtig ist. Wir haben uns also entschieden, lie- ber weniger Themen anzugehen, die- se dafür dann gut zu machen. Auch diese Strategie hat gefruchtet, wir haben die Menschen ja erreicht.“ Und plötzlich in der Bür- gerschaft Mit 6,6 Prozent zieht die FDP im Mai 2015 mit Lencke Stei- ner tatsächlich in die Bür- gerschaft. Die vor der Wahl parteilose Spitzenkandidatin wird noch am selben Abend Mitglied. Hat dieser Erfolg wohl maßgeblich mit ihr zu tun, was meint sie? „Ich bin nicht so ich-bezogen. Es lag bestimmt zu einem großen Teil daran, dass plötzlich ein neuer Kopf und eine neue Identifikationsfigur da war. Worauf ich aber doch ein bisschen stolz bin: Nach Jens Böhrnsen und Elisabeth Motschmann hatte ich die meisten Stimmen“, freut sie sich lä- chelnd. „Wir müssen aber auch ein bisschen selbstkritisch sein. Denn auf einmal waren wir in der Bürgerschaft. Das Wahlkampfteam wünschte uns viel Spaß und war weg – und plötzlich mussten wir funktionieren. Wir hatten am Anfang keine Räume, kein Perso- nal, keine Rechner. Als Erstes kauften wir eine Tischtennisplatte, denn wir wollten kein typisches, politisches Büro sein, sondern Dinge anders ma- chen, frisch und unkonventionell. Zu Anfang war es zugegebenermaßen ein bisschen viel auf einmal, wir mussten uns vieles anlesen, viel lernen. Aber es war eine wirklich spannende Zeit als ‚Start-up-Fraktion’.“ Was soll noch kommen? Was will jemand, der bereits in so jun- gen Jahren so viel erlebt hat, denn ei- gentlich noch erleben? Ist überhaupt Zeit für anderes? „Ich frage mich manchmal selbst, was da wohl noch kommen mag“, antwortet Lencke Stei- ner. „Ich möchte in Bremen etwas bewegen. Ich möchte unserer Firma eine gute Perspektive bieten. Und das, obwohl ich mich ansonsten gar nicht als so zielorientiert sehe und jetzt bei- spielsweise nicht sagen würde, dass ich unbedingt irgendwann Wirtschaftsmi- nisterin werden möchte. Klar, wenn es sich ergäbe, wäre das natürlich super – wenn ich dann die entsprechenden Vi- sionen und Ideen hätte. Ich habe schon so viele Dinge erleben dürfen, dass ich für mich nur ganz banale Wünsche habe.“ Sie denkt kurz nach und sagt wei- ter: „Ich wünsche mir mehr Zeit für meine Familie und mit meinem Mann Philippe. Wir sehen uns ja nur am Wo- chenende und machen dann so langweilige, aber schöne Sachen wie kochen oder spazieren gehen. Vielleicht hätte ich auch gerne irgend- wann Kinder. Ach, eigentlich bin ich im- mer irgendwie ein bisschen planlos. Zwar würde ich sagen, dass das eine Schwä- che von mir ist, aber richtig geschadet hat es mir ja nie.“ Und damit hat sie wohl recht.

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